Depressionen: Warum sollte ich eine Therapie machen?

30 Sep ‘22
7 min
Stress und Angst
Annemarie Andre
Frau spaziert, hinter ihr ist ein großer Schatten zu sehen.
S

ich manchmal niedergeschlagen und traurig zu fühlen, ist normal. Auch Stimmungsschwankungen gehören zum Leben dazu. Wenn negative Gedanken und Gefühle jedoch lange andauern und das Leben bestimmen, spricht man von einer depressiven Verstimmung. Depressionen gehören zu den häufigsten und oft unterschätzten mentalen Herausforderungen – schließlich ist jeder 5. bis 6. Erwachsene einmal im Leben davon betroffen. 

 

In diesem Artikel erfährst du von Psychologin Soesja Vogels mehr über die Anzeichen von Depressionen, wie du dir Hilfe suchen kannst und wie du bereits präventiv etwas für deine mentale Gesundheit tun kannst.

 

Depressionen erkennen

 

Beim Diagnostizieren einer Depression wird zwischen Haupt- und Zusatzsymptomen unterschieden. Wenn über zwei Wochen oder länger fünf Symptome vorliegen, darunter mindestens ein Hauptsymptom, wird eine Depression diagnostiziert. 

 

Menschen, die mit dieser Herausforderung kämpfen, klagen vor allem zu Beginn über Leistungsabfall, körperliche Beschwerden, Appetitverlust und Schlafstörungen. Die meisten Betroffenen beschreiben eine Art innere Leere, Antriebslosigkeit und Lustlosigkeit. Einfach nichts sorgt mehr für Freude. Daher macht sich bei vielen Gleichgültigkeit breit.

 

Daraus ergibt sich oft ein Teufelskreis. Psychologin Soesja Vogels beschreibt diesen wie folgt: Du fängst an, dich mit immer weniger lustigen oder anregenden Aktivitäten zu beschäftigen, wodurch du einen Mangel an positiven Emotionen und Energie verspürst, der wiederum dazu führt, dass du noch weniger tust und nichts unternimmst, was dir Spaß macht, weil du dich niedergeschlagen fühlst.” 

 

Die Deutsche Depressionshilfe beschreibt die Symptome wie folgt:

Hauptsymptome

 

  • Gedrückte Stimmung: Betroffene beschreiben das Gefühl als innere Leere oder als würden sie sich wie versteinert fühlen

 

  • Antriebs- und Freudlosigkeit: Einfach nichts sorgt mehr für Freude, auch nicht, wenn es Aktivitäten mit der Familie und dem Freundeskreis sind, die früher für großes Interesse gesorgt haben.

 

Nebensymptome

 

  • Müdigkeit: Selbst alltägliche Dinge wie Einkaufen, Arbeiten oder Aufräumen sorgen für große Überwindung und Müdigkeit oder sind oft gar nicht mehr möglich.

 

  • Verminderte Konzentration: Alles, was drumherum passiert, erreicht Betroffene oft gar nicht mehr. Sie können sich daher oft nicht erinnern, was vor Kurzem passiert ist.

 

  • Vermindertes Selbstwertgefühl: Betroffene haben oft das Gefühl, dass sie die Fürsorge nicht wert sind, da ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigt ist.

 

  • Pessimistisches Zukunftsbild: Menschen mit Depressionen wissen oft nicht, wie sie aus dieser Situation wieder herauskommen.

 

  • Suizidgedanken: Mit dem Gefühl der Ausweglosigkeit geht manchmal auch der Gedanke einher, sich etwas anzutun. Hol dir über die weiter unten aufgelisteten Hotlines Hilfe, wenn das bei dir so ist.

 

  • Schlafstörungen: Einschlafstörungen oder ein besonders frühes Aufwachen können ebenfalls Symptome einer Depression sein.

 

  • Veränderter Appetit: Gewichtsverlust oder Zunahme können eine Folge der Depression sein.

 

  • Innere Unruhe oder Verlangsamung: Einige Betroffene kämpfen mit einer inneren Unruhe und können sich daher kaum entspannen. Wieder andere verlangsamen regelrecht, auch in Bewegung oder Sprache.

Wenn einige dieser Symptome auf dich zutreffen, fragst du dich vielleicht: Wohin soll ich jetzt bei Depressionen? Wo und wie lasse ich mir Depressionen diagnostizieren?

 

Am besten ist es, wenn du mit einer medizinischen Fachkraft über diese mentalen Herausforderungen sprichst.

 

Wenn es dir schwer fällt, ein Gespräch wie dieses zu beginnen, kannst du auch den Online Selbsttest der Deutschen Depressionshilfe machen. Das Ergebnis liefert dir keine genaue Diagnose, kann aber ein guter Gesprächseinstieg für dich sein.

 

Bei Suizidgedanken kannst du dir hier Hilfe holen:

 

Telefonseelsorge Deutschland

https://www.telefonseelsorge.de/telefon/

Telefon: 0800 111 0 111 

 

Telefonseelsorge Österreich

https://www.telefonseelsorge.at/

Telefon: 142

 

Wie entsteht eine Depression?

 

Eine Depression ist meistens nicht auf ein einziges Ereignis zurückzuführen. Es gibt neurobiologische und psychosoziale Aspekte. Zu den neurobiologischen Faktoren gehört zum Beispiel auch die genetische Veranlagung, die ein höheres Risiko bergen kann, selbst an Depressionen zu erkranken. Aber auch ein Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn kann eine Depression begünstigen. 

 

Zu den psychosozialen Aspekten gehört neben klassischen Auslösern (z.B. Überlastung, Trennung, Urlaubsantritt) auch eine erhöhte Anfälligkeit durch traumatische Erlebnisse in der Kindheit. 

 

Beide Aspekte schließen einander nicht aus, sondern arbeiten miteinander. Daher werden bei einer Therapie auch immer neurobiologische und psychosoziale Aspekte untersucht, um Betroffene richtig zu behandeln. 

 

Die Arbeit wird dir zu viel? Lies hier mehr über den Einfluss der Arbeitszeit auf deine mentale Gesundheit und lerne, wie du herausfinden kannst, wie viel Arbeit gut für dich ist.

 

Welche Therapie kommt für dich in Frage?

 

Das frühzeitige Erkennen erhöht die Heilungschancen. Zögere nicht lange, bevor du dir Hilfe suchst. Wie eine Depression behandelt wird, ist höchst individuell und hängt von vielen Faktoren ab, wie z.B. einem speziellen Auslöser oder genetischen Faktoren und wird daher immer mit Psycholog*innen abgestimmt.

 

Es gibt daher auch psychotherapeutische und medikamentöse Behandlungsformen und andere unterstützende Maßnahmen. 

 

In der akuten Phase, also wenn es dir besonders schlecht geht, wird meistens die kognitive Verhaltenstherapie angewandt. Daraus resultiert oft die interpersonelle Verhaltenstherapie, die sich auf das Arbeiten an Beziehungen konzentriert. Diese Therapieform wird vor allem angewandt, wenn die Herausforderungen mit einem Rollenwechsel einhergehen, die durch eine Scheidung oder einen neuen Job ausgelöst werden.

 

Sobald die Depression chronisch wird, werden auch Elemente der Psychoanalyse angewandt, wie zum Beispiel die Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy”.

 

Weiterlesen? Hier erfährst du mehr über die 4 häufigsten Therapieformen.

 

Neben professioneller Hilfe kannst du dir auch Unterstützung von Freund*innen und Familie holen. Das kann auch deinen Angehörigen und deinem Freundeskreis helfen, deine Lage besser zu verstehen und sich darauf einzustimmen. 

 

„Vielen von uns fällt es sehr schwer, um Hilfe zu bitten. Wir ziehen es vor, zu helfen, anstatt darum zu bitten”, sagt Vogels.

 

„Aber anderen geht es genauso, und sie wollen oft helfen. Du kannst damit beginnen, deine Gefühle auszudrücken und sie in ‘Ich’-Sätzen zu formulieren, zum Beispiel ‘Ich bin traurig’ oder ‘Ich bin seit ein paar Wochen niedergeschlagen’. Auf diese Weise wird der andere verstehen, dass es sich um etwas in dir handelt und nicht um äußere Umstände und kann dich dementsprechend unterstützen.”

 

Du kannst auch kommunizieren, welche Unterstützung du dir wünscht. Möchtest du nur mal reden und keine Ratschläge erhalten? Dann sag das deinem Freundeskreis auch so. Klare Kommunikation wird euch allen dabei helfen, durch diese schwierige Zeit zu gehen.

 

Wann kann ich mir bei Depressionen Hilfe holen?

 

Sobald du darüber nachdenkst, eine Depression zu haben, kannst du dir Unterstützung holen und mit einer medizinischen Fachkraft darüber reden. Denn Probleme behandeln sich leichter, solange sie noch klein sind. Du musst also nicht erst warten, bis es dir richtig schlecht geht. 

 

„Wenn du dir früher professionelle Hilfe holst, ist es einfacher ein Problem zu beheben”, sagt Psychologin Soesja Vogels, und fährt fort: „Vergleich es einfach mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt oder mit der Wartung deines Autos. Wenn du das lange nicht machst, könnte ein ernsthaftes Problem aufgetreten sein, das schwieriger zu beheben ist, als wenn du es am Anfang gefunden hättest.”

 

Unbehandelte Depressionen können wiederkommen und dauern länger. Eine Therapie kann eine depressive Episode verkürzen und hilft dir dabei, deine Stimmungslage bereits akut zu verbessern. Zwar ist eine Depression nichts, das von heute auf morgen vorübergeht, aber Betroffene bemerken bereits nach ein paar Tagen erste positive Effekte

 

Die akute Phase dauert rund 6 bis 12 Wochen. Danach ist eine Erhaltungstherapie wichtig, die so lange gemacht werden sollte, bis wirklich alle Symptome abgeklungen sind. Wie lange aber die Dauer einer Therapie bei Depressionen ist, wird individuell mit Psycholog*innen abgestimmt.

 

So kann dich OpenUp präventiv unterstützen

 

Indem du bereits präventiv etwas für deine mentale Gesundheit tust, kannst du größere Probleme vermeiden. „Um den oben erwähnten Teufelskreis zu durchbrechen, ist es wichtig, immer wieder Dinge zu tun, die einem Spaß machen und immer wieder Dinge zu finden, die einem Spaß machen”, rät Psychologin Vogels. 

 

„Auch ein gesunder Lebensstil ist wichtig. Überprüfe, was du brauchst, um dich besser zu fühlen? Wenn es Schlaf ist, dann ist es Schlaf. Wenn es das Ausgehen und Einkaufen ist, dann ist es das. Wenn es darum geht, mit einem Freund einen Film zu sehen, dann erlaube dir das.” 

 

Bei OpenUp steht Prävention im Vordergrund. Denn so wie du deinen Körper trainieren kannst, indem du regelmäßig Sport machst, kannst du auch deinen Geist trainieren und widerstandsfähiger machen. Über psychische  Gesundheit zu lernen und Tools kennenzulernen, kann dir auch dabei helfen, dich schneller von mentalen Herausforderungen zu erholen. 

 

Außerdem kannst du bei Spaces to OpenUp Masterclasses, Gruppeneinheiten und Mindfulness-Sitzungen folgen, um mehr über mentale Gesundheit zu lernen und dein Wohlbefinden zu steigern. Willst du lieber individuell über deine Anliegen sprechen? Dann buche eine 1:1 Sitzung mit unseren Psycholog*innen.

 

Du bist mit dir und deinem Leben soweit zufrieden und findest, dass du viel zu glücklich für Therapie bist?

Erfahre hier, warum Therapie eine gute Idee ist, selbst wenn es dir gut geht.