So kannst du Gefühle in deiner Beziehung kommunizieren

20 May ‘21
4 min
Selbstvertrauen
Beziehungen
Zoila Knel

Emotionen und Gefühle: Sie machen das Leben unglaublich lohnend, und manchmal machen sie es auch unglaublich schwierig. Wie sagt man jemandem, dass einen etwas eigentlich ziemlich wütend macht? Wie geht man mit Weinen in einem Büro voller Kolleg*innen um? Und wie kann ich meine Gefühle in der Beziehung besser kommunizieren?

 

Psychologin Jasmijn Eerenberg erklärt, warum es so schwierig sein kann, Emotionen und Gefühle zu kommunizieren – und wie man es öfter tun kann.

 

Sich emotional öffnen

 

Jasmijn: “Sich emotional zu öffnen bedeutet, zwei Arten von Emotionen und Gefühlen auszudrücken: positive und negative. Normalerweise haben wir kein Problem damit, positive Gefühle auszudrücken, aber bei negativen Emotionen ist es schwieriger.

 

Das liegt zum einen daran, dass wir zu “der Gruppe” gehören wollen, und zum anderen daran, dass wir manchmal befürchten, dass ein übermäßiger Ausdruck negativer Emotionen und Gefühle das Risiko von Ausgrenzung erhöht. Außerdem wollen wir andere nicht mit unseren Problemen belästigen, und wir empfinden unsere “innere Welt” manchmal als zu komplex, um sie mit anderen zu teilen.

 

Auch Erfahrungen aus der Jugend spielen eine Rolle: Als kleines Kind trauen wir uns oft noch, ungehemmt zu weinen, aber abweisende Reaktionen der Umwelt – zum Beispiel ausgelacht zu werden, wenn man wütend ist, oder ignoriert zu werden, wenn man weint – können dazu beitragen, dass man sich das später nicht mehr traut.

 

Zeit für eine neue Norm

 

Neben deinem Charakter und deinen persönlichen Erfahrungen beeinflussen auch die (sozialen) Medien die Art und Weise, wie wir unsere Emotionen und Gefühle ausdrücken. Über diese Kanäle werden wir ständig mit mehr positiven als negativen Emotionen von anderen Menschen konfrontiert. Man könnte sagen, dass dadurch eine falsche Norm entstanden ist – nämlich die Norm, dass es nicht normal ist, sich “schwer” zu fühlen.

 

Schaue dich selbst an: Wenn du dich glücklich fühlst, teilst du dies wahrscheinlich mit 10 Personen – zu Hause, online und am Arbeitsplatz. Wenn du dich schlecht fühlst, kannst du wahrscheinlich nur einen vertrauten Freund anrufen. Das ist schade, denn wenn man schwierige Emotionen und Gefühle mit einem anderen Menschen teilt, fühlt man sich verbundener und vertieft die Beziehung. Außerdem kannst du viel früher auf Komfort oder Unterstützung zählen.

 

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Deine Gefühle leichter teilen

 

Der Austausch von Emotionen und Gefühlen ist also wertvoll, einmal für sich selbst, weil es Verbindung und Erleichterung schafft. Und auch für die Menschen um dich herum, weil sie zum Beispiel das Gefühl haben, dass sie dir wichtig genug sind, um mit ihnen Gefühle zu teilen.

 

Es ist jedoch ratsam, sorgfältig den Bereich abzugrenzen, in dem das Teilen von Emotionen und Gefühlen für dich und deine Mitmenschen von Vorteil ist – zu viel oder unbedachtes Teilen kann dazu führen, dass du andere überforderst oder sogar verletzt und dich unnötig angreifbar machen.

 

Ausgewogenheit ist hier der Schlüssel, und man sollte immer erkunden, wo der gesunde Mittelweg in jeder Beziehung liegt. Die folgenden Tipps können dabei helfen.

 

1. Untersuche, was dich zurückhält

 

Überprüfe dich selbst: Warum fällt es dir schwer, bestimmte Gefühle zu teilen? Welche Gedanken kommen dir in den Sinn? Hast du zum Beispiel Angst davor, was jemand denken könnte? Oder vor einer bestimmten Reaktion? Und sind diese Gedanken richtig?

 

2. Überlege, was das Teilen dir bringen kann

 

Schreibe für dich selbst auf, was der Mehrwert sein könnte, wenn du deine Gefühle mit jemandem teilen. Vielleicht verschafft es dir die nötige Anerkennung. Oder eine tröstende Schulter. Schreibe auch auf, wie du dich fühlen würdest, wenn es so dazu kommt.

 

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3. Dreh es um

 

Vielleicht hast du Angst vor dem Urteil anderer Menschen, wenn du deine Gefühle mitteilst. Drehe den Spieß um und denke an die Menschen in deiner Umgebung, die dich angreifbar machen. Was hältst du von ihnen? Das Urteil, das du über dich selbst fällst, ist oft viel kritischer als dein Urteil über andere.

 

4. Überlege, mit wem du etwas teilen möchtest

 

Bei wem fühlst du dich sicher? Und warum ist das so? Verschaffe dir einen Überblick über das, was du bei deiner Vertrauensperson für wichtig hältst: gut zuhören zum Beispiel, gute Tipps geben oder gar nichts. Schaue, wer in deiner Umgebung diese Merkmale erfüllt.

 

5. Überlege, wie du etwas mitteilen möchtest

 

Ein Gespräch mag die naheliegendste Wahl sein, aber es gibt auch andere Möglichkeiten, seine Gefühle mitzuteilen. Zum Beispiel über WhatsApp, oder mit einem Brief oder einer Mail. Es gibt sogar Kartenspiele zu kaufen, die einen einfachen Ausgangspunkt für ein Gespräch über Gefühle bieten können.

 

6. Schaffe eine vertraute Umgebung

 

Wenn du beschlossen hast, jemandem deine Gefühle mitzuteilen, überlege, wo du dies am liebsten tun würdest. Ist dein Zuhause ein guter Ort? Ein Wald? Oder würdest du lieber an einem Ort mit vielen Menschen sprechen? Wähle, wo du dich am wohlsten fühlst.

 

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7. Erwarte nicht zu viel von dir selbst (oder von deinem Gesprächspartner)

 

Du kannst ein Gespräch über Gefühle in kleinen Schritten beginnen: Beginne mit einem einfachen Thema und bringe dann etwas Persönliches zur Sprache, wobei du genau darauf achtest, wie es sich für dich anfühlt.

 

Erwarte nicht die idealste Reaktion deines Gesprächspartners, und wenn möglich, äußere deine Wünsche klar. “Ich möchte dir etwas sagen, aber ich bitte nicht um eine Lösung”, zum Beispiel. Oder: “Es fällt mir schwer, dies mitzuteilen, und ich hätte gerne deinen Rat.

 

8. Beachte deine eigenen Grenzen

 

Lege vorher fest: Will ich dieses Gespräch wirklich führen, oder tue ich es, weil es von mir erwartet wird? Fordere dich selbst heraus, verletzlich zu sein, aber gehe nicht über deine eigenen Grenzen hinaus. Wenn nötig, schreibe im Voraus auf, was du mitteilen möchtest.

 

9. Übe und sei stolz auf kleine Erfolge

 

Hast du das Gespräch begonnen? Sei stolz und feiere deinen Erfolg, auch wenn er noch klein ist und vielleicht nicht ganz so gelaufen ist, wie du wolltest. Konzentriere dich auf die positiven Entwicklungen.

 

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10. Aufrichtig sein

 

Du machst dich verletzlich, wenn du deine Gefühle mitteilst, und der Zuhörer tut das Gleiche, indem er offen für deine Emotionen und Gefühle ist. Gehe also mit Respekt an das Gespräch heran und wähle deine Worte sorgfältig. Verwende die “Ich-Botschaft” (“Ich habe das Gefühl, dass” anstelle von “Du gibst mir dieses Gefühl”) und versuche, deine Gefühle aufrichtig zu äußern.

 

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