Wie bleiben deine Mitarbeitenden engagiert, wenn dein Unternehmen schnell wächst?

31 Aug ‘22
5 min
Arbeitsleistung
OpenUp Redaktion
Überprüft von Psycholog*in Ida Dommerholt
Unternehmen sind wie Minigesellschaften: Wie Gesellschaften von einem Dorf über eine Stadt bis hin zu einer Metropole heranwachsen, wachsen Unternehmen von Start-Ups über Scale-Ups zu ausgereiften Organisationen. Und so wie engagierte Bürger einen Beitrag dazu leisten, dass ihre Stadt floriert, fördern engagierte Mitarbeitenden den betrieblichen Erfolg innerhalb wachsender Unternehmen. Es ist kein Zufall, dass Unternehmen, die im Punkt Mitarbeiterengagement gut abschneiden, ein 2,5-mal schnelleres Umsatzwachstum verzeichnen als Unternehmen, die diesbezüglich schlecht bewertet werden.

 

Vor allem für schnell wachsende Unternehmen ist das Mitarbeiterengagement ein wichtiges Thema. Denn wenn man zu zehnt an einem Tisch sitzt und an einem gemeinsamen Ziel arbeitet, kann sich jeder leicht auf das Wesentliche konzentrieren. Aber wie macht man das, wenn man dann einige Zeit später mit fünfmal so vielen Menschen am gleichen Tisch sitzt?

 

Was ist Mitarbeiterengagement?

 

Mitarbeiterengagement ist ein Maß dafür, wie sehr ein Mitarbeitende motiviert ist und Leidenschaft für ihre Arbeit zeigt. Engagierte Mitarbeitenden wollen einen Beitrag zum Erfolg ihres Unternehmens leisten. Engagement geht somit über reine Mitarbeiterzufriedenheit hinaus. Ein zufriedener Mitarbeitende ist glücklich mit seiner Arbeit, aber ein engagierter Mitarbeitende ist auch emotional eingebunden und bereit, (meist im übertragenen Sinne) in den Ruf und in die Interessen des Unternehmens zu investieren.

 

In der wissenschaftlichen Literatur wird ein*e engagierte*r Mitarbeiter*in wie folgt charakterisiert:

  • Fühlt sich dem Unternehmen verpflichtet;
  • Identifiziert sich mit dem Unternehmen;
  • Ist mit der Arbeit zufrieden;
  • Fühlt sich bei der Arbeit energiegeladen.

 

Warum ist Mitarbeiterengagement wichtig?

 

Mitarbeiterengagement steht in direktem Zusammenhang mit Produktivität. Ein inspirierter Mitarbeitende, der eine echte Beziehung zu seiner Arbeit oder zu seinem Unternehmen empfindet, ist mehr als doppelt so produktiv wie ein Mitarbeitende, der nur ‘zufrieden’ ist. Darüber hinaus leiden engagierte Mitarbeitenden seltener an einem Burnout, haben weniger Fehlzeiten und bleiben länger bei ein und demselben Unternehmen beschäftigt. Engagierte Mitarbeitenden sind außerdem besser darin, Kunden*innen zu gewinnen und zu halten.

 

Wie Ashish Devalekar es im Forbes-Magazin ausdrückte: „Eines der wichtigsten Dinge, die Unternehmen verstehen müssen, ist, dass Mitarbeitenden ihr größtes Kapital sind. Die Investition in ihre Berufserfahrung, ihre Karriere und ihr Wohlbefinden zahlt sich zehnfach aus. Mitarbeitenden sind deine wichtigsten brand ambassadors.”

 

Worin besteht die Herausforderung?

 

Bei Start-Ups ist Mitarbeiterengagement oftmals selbstverständlich. Man arbeitet mit einer kleinen Gruppe motivierter Menschen in einem Raum an einem gemeinsamen Ziel. Jeder kennt sich persönlich und diese Gruppe Menschen bestimmt gemeinsam die Unternehmenskultur und das Betriebsklima. Aber wenn sich ein Start-Up zu einem Scale-Up vergrößert, werden die persönlichen Kontakte schwieriger und die gemeinsamen Ziele diffuser. Die Schaffung einer angenehmen Unternehmenskultur wird zu einem aktiven Unterfangen, statt sich durch Zufall zu ergeben.

 

Außerdem sehen wir, dass Unternehmen oft exponentiell wachsen, was es noch schwieriger macht, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeitenden engagiert bleiben.

 

Darüber hinaus hat COVID unsere Arbeitskultur nachhaltig verändert. 41 Prozent der niederländischen Unternehmen geben an, dass die (Teilzeit-) Arbeit im Homeoffice von Dauer sein wird. In einem hybriden Arbeitsumfeld ist es schwieriger, dafür zu sorgen, dass Mitarbeitenden engagiert bleiben, als wenn sich jeder physisch am Arbeitslatz befindet.

 

 

Wie sorgst du dafür, dass Mitarbeitenden engagiert bleiben?

 

Die Harvard Business Review hat sich mit der wissenschaftlichen Literatur befasst, um diese Frage zu beantworten: Wie können Unternehmen das Mitarbeiterengagement steigern? Sie kamen zu dem Schluss, dass es drei Wege gibt, die zum Erfolg führen:

  1. Hilf den Mitarbeitenden, den Bezug zwischen dem, was sie tun, und dem, was ihnen wichtig ist, zu finden;
  2. Gestalte die Arbeit stressfreier und angenehmer;
  3. Gib den Mitarbeitenden mehr Freizeit und mehr finanzielle Anreize.

 

Für jeden dieser Wege stellen sie eine Checkliste vor, die HR-Professionals verwenden können, um aus ihrem Unternehmen einen Spitzenreiter auf dem Gebiet des Mitarbeiterengagements zu machen. Los geht’s:

 

2. Bezug finden zwischen dem, was Mitarbeitenden tun, und was ihnen wichtig ist

 

Wie bereits erwähnt, identifizieren sich engagierte Mitarbeitenden mit ihrem Unternehmen. Das ist nur dann möglich, wenn sie sich im Unternehmensleitbild wiedererkennen, und verstehen, welchen Beitrag sie selbst diesbezüglich leisten, damit sie sich innerhalb des Unternehmens vertreten fühlen.

 

Richte das Unternehmensleitbild an den Werten der Mitarbeitenden aus

 

Ein gutes Unternehmensleitbild umfasst mehr als das Erreichen hoher Umsatz- oder Wachstumszahlen, oder das Erreichen der Marktführerposition. Untersuchungen haben gezeigt, dass Arbeitnehmer*innen gerne für Unternehmen arbeiten, die einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten. Sie sind sogar bereit, (zum Teil) auf ihr Gehalt zu verzichten, um für ein solches Unternehmen zu arbeiten. Mit einem Unternehmensleitbild, das zeigt, dass es Priorität hat, die Gesellschaft voranzubringen, sehen die Mitarbeiter*innen ihre Arbeit als Teil ihrer persönlichen Mission an. Und so identifizieren sie sich demnach auch mit ihrem Unternehmen.

 

Einige – aus unserer Sicht – inspirierende Unternehmensleitbilder:

  • “Sicherstellen, dass menschliche Beziehungen im Mittelpunkt des kommerziellen Handelns bleiben. Deshalb haben wir einen Ort geschaffen, an dem Kreativität aufblühen kann.” – Etsy
  • “Die Beschleunigung des weltweiten Wechsels zu erneuerbaren Energien.” – Tesla
  • “Die Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden durch sinnvolle Innovationen.” – Philips

Einige weniger inspirierende Leitbilder sind ‘Die weltweite Nummer Eins’ zu werden oder ‘Den höchstmöglichen wirtschaftlichen Wert erreichen’.

 

Zeige, wie Mitarbeitenden zum Unternehmensleitbild beitragen können

 

Ein bedeutungsvolles Leitbild allein reicht nicht aus. Um Engagement zu schaffen, muss für die Mitarbeitenden deutlich sein, inwiefern ihre täglichen Aufgaben tatsächlich zu diesem Leitbild beitragen. Auf allen Ebenen des Unternehmens.

 

‘Cognitive crafting’ hilft dabei. Dies beinhaltet, dass Mitarbeiter*innen, die Art und Weise, wie sie ihre Aufgaben interpretieren, selbst neu definieren. Überlege einmal, wer von diesen beiden Personen das meiste Engagement für seine Arbeit empfindet. Die Reinigungsperson in einem Krankenhaus, die ihre Arbeit als das ‘Reinigen von Räumen‘ verstehen, oder diejenige, die ihre Arbeit als ‘Unterstützung des Genesungsprozesses von Patient*innen durch die Schaffung eines möglichst gesunden und sauberen Umfeldes‘ verstehen.

 

Als HR-Professional spielst du eine wichtige Rolle dabei, wie Arbeitnehmer*innen ihre Arbeit wahrnehmen. Überdenke Berufsbezeichnungen und mache – bei Aufgabenstellungen und in Stellenanzeigen – deutlich, wie diese Rolle zum Gesamtbild des Unternehmens beiträgt.

 

Fördere die Bildung von ‘Employee Resource Groups’

 

ERGs sind freiwillige Gruppierungen, in denen Personen mit gemeinsamen Interessen, Zielen oder Hintergründen zusammenkommen. ERGs können sich auf Diversität und Inklusion, auf besondere Bedürfnisse wie die von Arbeitnehmer*innen mit körperlichen Einschränkungen, oder auf Hobbies wie Bouldern oder Rennradfahren konzentrieren.

 

Diese Resource Groups helfen, die Bedürfnisse verschiedener Gruppierungen von Mitarbeitenden deutlich zu machen, die Unternehmensstrategie zu gestalten oder anzupassen und die sozialen Bindungen zwischen den Mitarbeitenden zu stärken. Und all das kommt dem Engagement zugute.

 

So ist beispielsweise die Hälfte aller Mitarbeitenden und Partner von KPMG in mindestens einer ERG, wie dem KPMG Network of Women, African American Network, Abilities in Motion Network und pride@kpmg.

 

2. Gestalte die Arbeit stressfreier und angenehmer

 

Motivierte Mitarbeitenden sind engagierte Mitarbeitenden. Und Arbeitszufriedenheit und Motivation gehen Hand in Hand. Die Arbeitszufriedenheit förderst du unter anderem, indem du das Aufgabenspektrum flexibel gestaltest, ausreichend Raum für persönliche Beziehungen zwischen Kolleg*innen bietest, den Mitarbeiter*innen Autonomie gibst und ihr Selbstbewusstsein förderst.

 

Biete Flexibilität, um neue Aufgaben auszuprobieren

 

Was für die eine Person eine bedeutungsvolle Aufgabe ist, kann sich für die andere wie ein ‘Müssen’ anfühlen. Du kannst Mitarbeitenden dabei unterstützen, herauszufinden, wo ihre intrinsische Motivation liegt, indem du sie damit experimentieren lässt. Erwäge beispielsweise die Errichtung eines Junior-Pools, aus dem jedes Team schöpfen kann. Ein solcher Pool ermöglicht es jedem Junior-Mitarbeitende, für einen bestimmten Teil der Arbeitswoche bei anderen Teams mitzuhelfen.

 

Oder lasse Mitarbeitenden durch verschiedene Abteilungen rotieren. Heineken beispielsweise bietet Studienabsolventen ein Rotationsprogramm von eineinhalb bis zwei Jahren, in dem sie verschiedene Aufgaben mit einer Dauer von jeweils sechs Monaten ausführen, zum Beispiel in den Abteilungen Supply Chain, Produktentwicklung, Finance of Digital & Technology. So können die Mitarbeitenden herausfinden, wo sie sich am wohlsten fühlen und dort nach Abschluss des Rotationsprogrammes weiterarbeiten.

 

Organisiere ausreichend soziale Events

 

Wie oft hört man die Aussage, dass nette Kolleg*innen den größten Beitrag zur Arbeitszufriedenheit leisten. Das gilt für viele Menschen. Sorge also für ausreichend Möglichkeiten, bei denen die Mitarbeiter*innen persönliche Beziehungen untereinander entwickeln können.

 

Bekannt ist natürlich der Drink am Freitagnachmittag. Aber hast du zum Beispiel schon einmal daran gedacht, gemeinsam einen guten Zweck zu unterstützen? Eine Sponsoren-Radtour? Oder einen Nachmittag lang auf den Booten von Plastic Whale Plastik auf dem Wasser zu sammeln? Es macht mehr Spaß als du denkst und ist gut für die kollegialen Beziehungen!

 

Gib den Mitarbeitenden mehr Autonomie

 

Autonomie ist das Maß, in dem Mitarbeitenden die Freiheit eingeräumt wird, eigenständig Entscheidungen über den Inhalt und die Planung ihrer Arbeit zu treffen. Autonomie hat einen großen Einfluss auf das Engagement und das psychische Wohlbefinden von Arbeitnehmer*innen.

 

Netflix hebt diese Autonomie mit seiner No-Rules-Politik auf eine neue Stufe. Mitarbeitenden haben die Freiheit ohne Aufsicht durch das Management zu handeln und Entscheidungen zu treffen, von denen sie denken, dass sie im Interesse von Netflix sind. So können sie beispielsweise Ausgaben erklären, ohne im Voraus eine Genehmigung einholen zu müssen. Die Mitarbeitenden werden außerdem dazu aufgefordert, Risiken einzugehen (“Place Bets”). Und wenn es nicht klappt, klappt es nicht. Das schafft Freiheit und Verantwortung.

 

Gib den Mitarbeitenden Selbstbewusstsein

 

Mitarbeitenden empfinden mehr Distanz zu (und sind daher weniger engagiert in Bezug auf) Aufgaben, bei denen sie sich unsicher sind. Mentoring-Programme, bei denen ein erfahrener Mitarbeitenden eine*n jüngere*n Mitarbeiter*in betreut, sind ein bewährtes Mittel, um jüngere Mitarbeitenden mehr Selbstbewusstsein zu geben.

 

Und auch Anerkennung ist sehr wichtig. Wenn eine Einzelperson oder ein Team eine besondere Leistung erbringen, würdige diese großzügig. Vergiss niemanden, egal wie klein der Beitrag war oder schien.

 

3. Gib den Mitarbeitenden ausreichend Freizeit

 

Und zu guter Letzt: Mitarbeitenden erbringen gute Leistungen, wenn sie auch außerhalb der Arbeit genug Freiraum haben.

 

Stelle Mitarbeiter*innen ausreichend Freizeit und finanzielle Mittel zur Verfügung

 

Auch praktische Dinge wie Zeit und Geld spielen eine Rolle. Arbeitnehmer*innen, die das Gefühl haben, unterbezahlt zu sein oder zu viel zu arbeiten, geben eher ihren Job auf. Ziehe daher in Erwägung, Mitarbeitenden mit Zeit, etwa mit zusätzlichen Freistunden oder bezahltem Urlaub, oder mit Geld, zum Beispiel mit Bonussen, zu belohnen.

 

Darüber hinaus ist die Ausgabe von Aktien an Mitarbeitenden eine effektive Möglichkeit, um Engagement zu schaffen. So fühlen sich die Mitarbeitenden nicht nur am Erfolg des Unternehmens beteiligt, sondern sind es auch tatsächlich.

 

So kann beispielsweise jeder Mitarbeitende des Beratungsunternehmens Rebel nach einem Jahr Unternehmensaktien kaufen. Da jedes Team, das in der Regel aus zehn Personen besteht, eine eigene GmbH ist, kaufen die Mitarbeitenden also Anteile an ihrem eigenen Team. Wenn das Team dann als Ganzes erfolgreich ist, spürt jeder Mitarbeitende dies tatsächlich jedes Jahr im April, wenn die Dividende ausgezahlt wird.

 

Rate von E-Mail-Verkehr außerhalb der Arbeitszeiten ab

 

Um während der Arbeitszeit Engagement zeigen zu können, muss außerhalb der Arbeitszeit ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, in der man sich nicht mit dem Job beschäftigt. Der dauerhafte Empfang neuer E-Mails macht dies oft schwer. Glücklicherweise gibt es jede Menge Werkzeuge, mit denen man den Empfang von E-Mails, zum Beispiel nach Feierabend, aussetzen kann. Outlook hat beispielsweise eine eingebaute Funktion, mit der Arbeitnehmer*innen ihre E-Mailpausen selbst festlegen können.

 

Du kannst auch E-Mailpausen für die gesamte Organisation festlegen. Volkswagen stoppt beispielsweise den gesamten E-Mailverkehr 30 Minuten vor Ende des Arbeitstages und startet ihn 30 Minuten vor Beginn des Arbeitstages wieder.

 

Man sieht auch immer öfter, dass Menschen einen Text in ihre Signatur aufnehmen, der in etwa wie folgt lautet: ‘Ich schicke E-Mails zu Zeiten, die für mich günstig sind, und ich erwarte keinesfalls eine direkte Antwort. Lesen und beantworten Sie diese E-Mail, wann es Ihnen am besten passt.’

 

Überprüfe die Wirksamkeit deiner Programme

 

Um festzustellen, ob deine Programme zur Steigerung des Mitarbeiterengagements effektiv sind, ist es wichtig, Feedback von den Mitarbeitenden einzuholen. Eine praktische Möglichkeit, um schnell (anonymes und) regelmäßiges Feedback zu erhalten, bietet das Hive-Tool. Mit diesem Tool können Mitarbeitenden sich übrigens auch gegenseitig auf die Schulter klopfen und ihren Kolleg*innen Anerkennung überreichen.

 

Genau wie man Städte nicht über Nacht erbaut, baut man auch Unternehmen nicht in einem Tag auf. Aber mit einer Gruppe engagierter Mitarbeitenden geht es in jedem Fall einfacher. Als HR-Professional kannst du mit vielen der oben genannten Punkte direkt loslegen. Darüber hinaus steht dir OpenUp zur Verfügung, um dich und deine Mitarbeitenden zu unterstützen. Beispielsweise bei der Suche nach intrinsischer Motivation, beim Aufbau von Selbstbewusstsein und beim Entdecken persönlicher Werte und Strategien.

 

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