Das sind die 4 häufigsten Therapieformen

5 Sep ‘22
6 min
Stress und Angst
Sinngebung
Annemarie Andre
Überprüft von Psycholog*in Eva Rüger
Eine Frau sitzt auf einem Sessel und trinkt Tee.

Rund 18 Millionen Deutsche sind jährlich von einer psychischen Erkrankung betroffen. Weniger als 19 % suchen sich psychotherapeutische Hilfe. Spielst auch du mit dem Gedanken, eine Therapie zu machen? Oder hinterfragst, ob es dir denn wirklich „schlecht genug” geht, um eine Therapie in Anspruch zu nehmen? Lerne die 4 häufigsten Therapieformen kennen.

 

In diesem Artikel nennen wir dir einige Gründe, warum sich Therapie lohnt – sogar wenn du glücklich bist – und erklären dir die 4 häufigsten Therapieformen der Psychotherapie.

 

Warum solltest du eine Therapie machen?

 

Das Streben nach mentaler Gesundheit hört nie auf, denn wir sind unser ganzes Leben lang mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Genauso wie wir ins Fitnessstudio gehen oder eine Runde laufen, um unserem Körper etwas Gutes zu tun, sollten wir uns professionelle Unterstützung holen, um unseren Geist zu pflegen.

 

Dafür muss es dir nicht erst so „richtig schlecht” gehen. Arbeiten am Dach führst du doch auch durch, wenn die Sonne scheint und nicht, wenn es bereits in Strömen schüttet.

 

Untersuchungen zeigen, dass das Gespräch mit Psycholog*innen dabei hilft, dich und andere besser zu verstehen, schwierige und immer wiederkehrende Gedanken zu verarbeiten und widerstandsfähiger zu werden.

 

Hier haben wir 5 Gründe, warum Therapie gut ist, auch wenn du glücklich bist, für dich aufgelistet.

 

Therapie hilft außerdem ungemein, wenn du dich selbst weiterentwickeln und das Beste aus dir herausholen willst. Entdecke die 4 häufigsten Therapieformen und finde diejenige, die dir am meisten zusagt.

 

Welche Therapieformen gibt es?

 

Dass Therapie immer gut ist, weißt du nun bereits. Aber vielleicht fragst du dich noch: Wann kommt welche Therapie für mich in Frage? Das Feld ist äußerst weitreichend, schließlich gibt es sogar spezielle Therapieformen wie Theatertherapie.

 

In diesem Artikel behandeln wir jedoch die 4 häufigsten Therapieformen, die in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland bezahlt werden.

 

Gleich vorweg: Therapie hat sich in den letzten Jahren stark verändert und verliert langsam das damit verbundene Stigma.

 

Lies hier mehr über Therapie früher und heute.

 

Das sind die 4 häufigsten Therapieformen:

 

1. Die analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)

 

Auf der Couch liegend dem Psychoanalytiker das Herz ausschütten? Diese Szene ist uns aus Film und Fernsehen bekannt. Vor allem aber verbinden wir die Psychoanalyse mit einem Namen: Sigmund Freud. Zwar hat sich seit Freud einiges getan, die Therapieform beruht jedoch noch immer auf der Aufarbeitung von verdrängten Konflikten.

 

Wie du dir vorstellen kannst, ist die Psychoanalyse eine äußerst intensive Therapie. Durch das Beleuchten vergangener Konflikte und der eigenen Lebensgeschichte wird analysiert, was zu den psychischen Problemen im Hier und Jetzt geführt hat. Viele Erlebnisse werden von deinem Unterbewusstsein in dein Bewusstsein geholt.

 

Die Methode, die dabei häufig angewendet wird, ist die „freie Assoziation”. Du erzählst also ganz frei von dem, was dir gerade in den Sinn kommt. Bei dieser Therapieform finden Sitzungen bis zu drei Mal die Woche statt. Diese Therapieform kann bis zu 300 Sitzungen umfassen.

 

2. Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie


Diese Therapieform ist eine Weiterentwicklung der analytischen Psychotherapie. Beide Therapieformen haben gemein, dass unbewusste Konflikte als Ursache von psychischen Herausforderungen vermutet werden. Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ist allerdings weitaus weniger intensiv als die Psychoanalyse.

 

Bei ihr steht ein zentraler Konflikt im Fokus. Außerdem werden mit dir konkrete Ziele definiert, die du durch die Therapie erreichen möchtest.

 

Bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie nehmen Psycholog*innen meist eine aktivere Rolle ein. Außerdem finden Sitzungen bloß einmal die Woche statt. Diese Therapieform umfasst bis zu 100 Sitzungen.

 

3. Die kognitive Verhaltenstherapie

 

Die Verhaltenstherapie wird in Deutschland am häufigsten angewendet. Der Fokus liegt dabei auf erlernten Verhaltens- und Gedankenmustern, die dieser Therapieform zufolge der Auslöser für psychische Herausforderungen sind. Diese erlernten Verhaltensmuster können auch wieder verlernt und abgeändert werden – genau damit beschäftigst du dich auch bei dieser Form der Therapie. 

 

Im Gegensatz zur Psychoanalyse nehmen Therapeut*innen hier eine aktivere Rolle ein, sie stellen Fragen und unterstützen dich dabei, Lösungen für Probleme zu finden. Du arbeitest oft mit anschaulichen Übungen, bei denen du dich in eine Situation begibst, die für dich problematisch oder unschön war.

 

Eine Verhaltenstherapie wird oft bei Angststörungen angewendet und kann auch mit Expositionen außerhalb der Praxis kombiniert werden. Bei der Verhaltenstherapie gehst du einmal pro Woche zur Sitzung und hast ein Ausmaß von bis zu 80 Sitzungen. 

 

4. Die systemische Therapie


Die systemische Therapie führt eine psychische Erkrankung auf eine Störung im System (Familie, Freunde, etc.) zurück. Der Mensch, der mit der Herausforderung zu kämpfen hat, ist dabei Symptomträger dieser Systemstörung.

 

Im Fokus dieser Therapie stehen wichtige Bezugspersonen, die auch für einzelne Sitzungen eingeladen werden können. Durch eine systemische Aufstellung im Raum, kannst du Klarheit über Strukturen und Interaktionen erlangen. Meistens findet diese Therapieform einmal pro Woche statt und umfasst bis zu 50 Sitzungen.

 

Was ist die beste Therapieform für dich?

 

Gemeinsam mit Psycholog*innen kannst du herausfinden, welche Therapieform sich für dich am besten eignet. Das ist sehr individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Möchtest du eine akute psychische Herausforderung angehen oder mildern, dann ist die Verhaltenstherapie eine gute Option.

 

Wenn du jedoch mehr in die Tiefe gehen willst, empfiehlt sich die Psychoanalyse oder die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Willst du mehr über deine Rolle in der Familie erfahren oder in andere Bereiche eintauchen? Dann ist die systemische Therapie vielleicht gut für dich geeignet. Außerdem gibt es eine Vielzahl von speziellen Therapieformen wie zum Beispiel Paartherapie.

 

Diese 5 Fragen können dir bei deiner Entscheidung helfen:

 

  • Willst du in die Vergangenheit eintauchen und (traumatische) Erfahrungen verarbeiten?
  • Willst du an gewissen Verhaltensweisen im Hier und Jetzt arbeiten?
  • Willst du deine Gefühle und Gedanken erforschen?
  • In welchen Lebensbereichen fühlst du dich besonders herausgefordert (z.B. Familie, Partnerschaft)?
  • Wie viele Ressourcen (z.B. Zeit, Emotionen) hast du gerade?

 

Für einen Therapieerfolg ist allerdings nicht nur die Therapieform entscheidend. Untersuchungen zeigen, dass 5 – 10 % des Erfolgs von der psychologischen Fachkraft abhängig sind. Wähle also in erster Linie Psychotherapeut*innen aus, bei denen du ein gutes Bauchgefühl hast. Die Häufigkeit und Dauer der Therapie kannst du dann ebenfalls individuell klären.

 

Vergiss nicht: Therapie lohnt sich auch, wenn du glücklich bist und selbst wachsen willst oder Ratschläge zum Thema  „Work-Life-Balance” benötigst. Psycholog*innen können dir hilfreiche Techniken und Tools beibringen, die dir unter anderem dabei helfen, im stressigen Alltag die Ruhe zu bewahren.

 

Mindfulness-Einheiten machen dich widerstandsfähiger und außerdem lernst du, besser auf deine eigenen Bedürfnisse zu hören. 

 

Therapie als Vorsorgemaßnahme

 

Nachdem nun die Frage, welche Therapieformen es gibt, geklärt ist, hast du schon ein besseres Gefühl dafür bekommen, welche Therapie am besten zu dir passt. Auch wenn du nicht mit mentalen Herausforderungen zu tun hast, kannst du trotzdem vorsorgen und etwas für deine psychische Gesundheit tun.

 

Mach einen kurzen Check-in mit dir selbst und erfahre, wie du dein persönliches Wohlbefinden noch steigern kannst. Oder aber du buchst ein 1:1 Gespräch mit unseren Psycholog*innen, die konkrete Themen ganz individuell mit dir besprechen können.

 

In aller Kürze

Psychoanalyse

  • Fokus liegt auf unbewussten inneren Konflikten aus der Vergangenheit
  • Dauer & Häufigkeit: Bis zu 300 Sitzungen, mehrmals pro Woche

 

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

  • Fokus liegt auf unbewussten inneren Konflikten aus der Vergangenheit
  • Zentraler Konflikt & Behandlungsziele werden festgelegt
  • Dauer & Häufigkeit: Bis zu 200 Sitzungen, einmal pro Woche

 

Verhaltenstherapie

  • Fokus liegt darauf Lösungen für aktuelle Probleme zu finden
  • Dauer & Häufigkeit: Bis zu 80 Sitzungen, einmal pro Woche

 

Systemische Therapie

  • Fokus liegt auf Rolle im sozialen Umfeld
  • Dauer & Häufigkeit: Bis zu 50 Sitzungen, einmal pro Woche