Offen sich selbst gegenüber zu sein und auch das wahre Ich zu zeigen, hat einen großen Einfluss auf die psychische Gesundheit. Studien zeigen jedoch, dass jede*r dritte LGBTQIA+-Beschäftigte nicht offen über die eigene sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität spricht, weil Diskriminierung am Arbeitsplatz oder geringere Karrierechancen befürchtet werden.
Die Gründe für das Bedenken oder Zögern sind von Person zu Person verschieden und auch situationsabhängig – und jeder einzelne Grund ist absolut berechtigt. Denn herauszufinden, ob und wie man mit dem eigenen Coming-out am Arbeitsplatz umgehen soll, kann immer noch eine Challenge sein. Diskriminierung und Stigmatisierung sind leider immer noch sehr präsent. Dadurch fühlen sich immer mehr Menschen dazu gezwungen, ihr wahres Ich am Arbeitsplatz zu verbergen.
Mentale Gesundheit und LGBTQIA+
Zwar hat jeder Mensch hin und wieder mit dem eigenen psychischen Wohlbefinden zu kämpfen, allerdings sind psychische Erkrankungen bei LGBTQIA+-Personen oftmals häufiger verbreitet. Dies hat mit den negativen Erfahrungen zu tun, die LGBTQIA+-Personen regelmäßig durchmachen: Diskriminierung, Homophobie oder Transphobie, soziale Isolation, Ablehnung und Schwierigkeiten sich zu outen.
Im Arbeitsumfeld haben Untersuchungen gezeigt, dass das ständige Bemühen, als cisgender/hetero durchzugehen, bei den Interaktionen mit Kolleg*innen, anstrengend ist und mentale Energie kostet. In einigen Fällen kann es sogar die Geschlechtsdysphorie verstärken.
Das Bekenntnis zu LGBTQIA+ kann sich positiv auf das psychisches Wohlbefinden auswirken. Man fühlt sich selbstbewusster und erleichtert, es erhöht das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, und man entwickelt bessere Beziehungen zu Familie, Freund*innen und Kolleg*innen. Vielleicht geht das Coming-out auch mit gutem Beispiel voran und ermutigt es weitere Kolleg*innen, sich zu outen und so ein sichereres Umfeld für LGBTQIA+-Personen zu schaffen.
Wie ist das Arbeitsklima?
Ein Coming-out ist keine einfache Sache. Man fragt sich vielleicht, wie Kolleg*innen darauf reagieren werden und ob sie einem anders behandeln werden. Vielleicht hat man auch Angst vor negativen Kommentaren oder Klatsch und Tratsch im Büro.
Das sind sehr berechtigte Überlegungen: In den USA berichten über 40 % der LGBTQIA+-Beschäftigten, dass sie am Arbeitsplatz ungerecht behandelt werden, und über 36 % der LGBTQIA+-Beschäftigten ziehen in Betracht, ihr derzeitiges Unternehmen zu verlassen, wenn es nicht konsequent gegen Diskriminierung auftritt.
Wenn du erwägst, dich zu outen, dann frag dich, welche Auswirkungen dies in deiner Organisation haben könnte, bevor du den nächsten Schritt setzt. Die folgenden Fragen, die von der Human Rights Campaign entwickelt wurden, könnten dir bei dieser Einschätzung helfen:
- Verfügt dein*e Arbeitgeber*in über eine Antidiskriminierungspolitik und beinhaltet diese auch die sexuelle Ausrichtung und Geschlechtsidentität?
- Gibt es an deinem Arbeitsplatz ein LGBTQIA+ Netzwerk?
- Wie ist das allgemeine Klima am Arbeitsplatz? Gibt es jemanden, der offen LGBTQIA+ ist?
- Wie sind deine Arbeitsbeziehungen und sprechen Leute bei der Arbeit über ihr Privatleben?
- Gibt es in deinem Land ein Antidiskriminierungsgesetz?