Wie stärkt man seine Beschäftigten in Zeiten des Personalmangels?

8 Nov ‘22
4 min
Arbeitsleistung
OpenUp Redaktion
Überprüft von Psycholog*in Pia Linden
personalmangel
Der Personalmangel in Deutschland ist deutlich spürbar. In Restaurants, Geschäften und sogar am Flughafen ist es klar, dass es nicht genug Arbeitskräfte gibt. Dieser angespannte Arbeitsmarkt ist eine Herausforderung für Personalverantwortliche, die Wege finden müssen, um Personal zu gewinnen und zu behalten. Aber es ist auch eine Herausforderung für die Beschäftigten, die mehr denn je unter Leistungsdruck stehen. Der Personalmangel wird sich in den kommenden Jahren wahrscheinlich fortsetzen, und deshalb ist es wichtig die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen.

 

Welche Folgen hat dieser Arbeitskräftemangel für die Mitarbeitenden, die in deinem Unternehmen arbeiten? Wie wirkt sich dieser Mangel auf das psychische Wohlbefinden deines Personals aus? Und was kannst du tun, um sie zu unterstützen?

 

Personalmangel in allen Branchen

 

Im August gab es in Deutschland 100 offene Stellen pro 140 Arbeitslosen. Immer mehr Betriebe sind dazu gezwungen, ihre Aktivität wegen fehlendem (Fach-) Personal einzugrenzen.

 

Als aktuellste Ursache für den Mangel ist unter anderem die Coronakrise zu nennen. Viele Branchen haben während der Pandemie Beschäftigte verloren oder entlassen. Beschäftigte, die nun auch nicht wieder zu ihrem vorherigen Jobs zurückkehren können oder wollen. Laut Bundesagentur für Arbeit haben allein in die Gastronomie und Hotellerie Branche im ersten Pandemiejahr (2020) knapp 390.000 Beschäftigte – mehr als die Hälfte – eine neue Stelle begonnen. Viele davon im Verkauf, der Logistik oder in der Verwaltung.

 

Vom Personalmangel betroffen sind nicht nur die Gastronomie, der Einzelhandel oder die Pflege, sondern branchenweit stehen auch Unternehmen und der öffentliche Dienst vor dieser Herausforderung. 

 

Die sogenannte Fachkräftelücke liegt laut Institut der deutschen Wirtschaft im Zwölf-Monats-Durchschnitt von Juli 2021 bis Juli 2022 für qualifizierte Arbeitskräfte über alle Berufe hinweg bei 537.923 Stellen. Die Zahl beinhaltet die offenen Stellen, die rein rechnerisch nicht besetzt werden konnten, da es keine passenden qualifizierten Arbeitslosen für sie gab um sie einnehmen zu können.

 

Nicht zuletzt trägt auch die älter werdende Bevölkerung dazu bei, dass es immer mehr offene Stellen gibt, wie beispielsweise im Gesundheitswesen.

 

Die Folgen vom Personalmangel auf die Mitarbeitenden

 

Als Personalverantwortlicher spürt man zweifelsohne die Folgen des Arbeitskräftemangels. Deine Arbeit ist mit einem Mal sehr viel anspruchsvoller geworden. Und mit großer Wahrscheinlichkeit ist auch die Arbeit deiner Kolleg*innen deutlich anspruchsvoller geworden.

 

Im August haben niederländische Betriebsärzte bereits davor gewarnt: Durch den Arbeitskräftemangel nimmt der Druck auf die aktuellen Beschäftigten zu. Das hat zur Folge, dass immer mehr Menschen völlig überlastet zu Hause sitzen. Als Unternehmen gerät man so in einen Teufelskreis: Es steht noch weniger Personal zur Verfügung, was dennoch immer mehr Aufgaben übernehmen muss.

 

Psychologin Pia Linden von OpenUp erzählt: „Ich spreche mit vielen Menschen, die sagen, dass vor allem die berufliche Belastung Stress für sie bedeutet. Viele befinden sich in einer Situation, in der sie zusätzlich die Arbeit anderer übernehmen müssen. In einigen Fällen sind diese Aufgaben neu oder schwieriger als ihre eigenen, wobei sie nicht einmal entsprechend eingearbeitet werden.“

 

Laut IAB lag der Krankenstand in Deutschland im zweiten Quartal 2022 mit 5,18 Prozent deutlich über dem Wert des Vorjahresquartals (4,11 Prozent).

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Wie kann dein Unternehmen mit dem Personalmangel umgehen?

 

In Zeiten von Personalknappheit ist das Letzte, was du willst, dass noch mehr Arbeitskräfte ausfallen oder krankgeschrieben werden. Es ist daher besonders wichtig, in die Prävention dieser krankheitsbedingten Arbeitsausfälle zu investieren. Wie kannst du das tun? Experten teilen ihre Ansichten zu diesem Thema:

 

Boyd Thijssens (Präsident der niederländischen Gesellschaft für Arbeits- und Betriebsmedizin)

 

Boyd Thijssens rät Unternehmen, ihre Dienstleistungen zu reduzieren, wenn die derzeitige Belegschaftsgröße dies erforderlich macht. Auf diese Weise könne man die Arbeitsbelastung verringern. „Denn der Personalmangel wird noch eine Weile bestehen bleiben“, sagt Thijssens. Dies führt zu einem Dominoeffekt bezüglich des Personalausfalles, was schließlich auf weiteren Engpässen hinauslaufen kann.

 

Psychologin Pia unterstreicht dies: „Es ist keine gute Idee, so viel wie möglich Aufgaben in den Tag deines Personals zu packen. Die Mitarbeitenden stehen unter großem Druck, weil die Arbeitgeber*innen erwarten, dass sie weiterhin eine gleich gute (oder sogar bessere) Leistung erbringen, was jedoch in Zeiten von Personalengpässen schwierig ist. Du solltest deine Erwartungen an die Leistung, die du von deinem Personal forderst, besser nach unten korrigieren.“

 

 

Marjolijn Pouw (Vernet, das Unternehmen, das die krankheitsbedingten Ausfallquoten von Pflegeeinrichtungen erfasst)

 

Laut Marjolijn Pouw haben Unternehmen mit niedrigeren Ausfallquoten ein wichtiges Element gemeinsam: Den Beschäftigten wird viel persönliche Aufmerksamkeit entgegengebracht.

 

Führungskräfte sind darin geschult, mit ihrem Team ins Gespräch zu kommen und wissen, wie sie es am Besten unterstützen können. Biete Führungskräfte ein Kommunikationstraining an und setze den Fokus auf Gespräche über psychische Gesundheit.

 

 

Jill Ader (Vorsitzende des Personalberatungsunternehmens Egon Zehnder)

 

Konzentriere dich nicht auf den Personalmangel, sondern viel mehr auf das Wohlbefinden der vorhandenen Mitarbeiter*innen. Dazu rät Jill Ader.

 

„Wie viele Jahre haben Führungskräfte Druck auf das Personal ausgeübt? […] Das funktioniert heute nicht mehr. Heute braucht man Menschen, die kreativ sind. Die sich trauen zu experimentieren und die sich sicher fühlen.“

 

Ader rät dazu, in Führungskräfte zu investieren, die sich Mühe geben, ihre Mitarbeitenden zu verstehen. Die aufhören zu reden und stattdessen anfangen zuzuhören.

 

„Investieren“ bedeutet hier die Aneignung neuer Fähigkeiten, um das Personal zu unterstützen und zu betreuen, und das Erlernen neuer Denkweisen, bei denen die Meinungen und Stimmen der Arbeitnehmer*innen eine größere Bedeutung zukommt.

 

In diesem Artikel über die Investition in psychische Gesundheit geben wir praktische Tipps zur Verbesserung des psychischen Wohlbefindens von Mitarbeitenden.

 

Konzentriere dich auf das Wohlbefinden des vorhandenen Personals

 

Der Arbeitskräftemangel wird nicht nachlassen. Natürlich ist es wichtig, sich auf die Anwerbung neuer Mitarbeitenden zu konzentrieren, aber noch wichtiger ist es, sich um das Wohlergehen des vorhandenen Personals zu bemühen.

 

Schließlich willst du verhindern, dass noch mehr Personal aufgrund von Hektik und Stress ausfällt. Und gleichzeitig machen diese Verhaltensweisen dich auch als Arbeitgeber attraktiv für die neuen Talente, die du anwerben möchtest. Wir unterstützen mehr als 650 Unternehmen dabei, psychisch gesund zu bleiben. Möchtest du mehr erfahren?

 

👉 Lies hier, was wir für dein Unternehmen tun können.

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