Pflege und der Einfluss auf Beziehungen
Die Pflege von Angehörigen bringt mentale Herausforderungen mit sich, wie z.B. neue Beziehungsdynamiken. „Es kann zu Veränderungen in den Rollen kommen, die wir in der Familie kennen, z.B kann die kleine zur großen Schwester werden, wenn der ältere Bruder erkrankt”, sagt Psychologin Judith Klenter. Auch für Eltern, die Pflege benötigen, sei die Veränderung anfangs schwierig.
Sie fügt hinzu: „Das kann zu Schuldgefühlen, Scham und Wut darüber führen, dass nun Entscheidungen für sie getroffen und sie bevormundet werden.” Auch Trauer spiele in der Pflege eine Rolle, gerade wenn eine Person an Demenz oder Alzheimer erkrankt. „In der Psychologie spricht man von ‘ambiguous loss’, also der Trauer um den Verlust einer Person, die noch lebt, aber nicht mehr so da ist, wie wir sie kennen.”
Denke daran: Die veränderte Beziehungsdynamik kann für beide Seiten herausfordernd sein. Aber du kannst einiges tun, um deine Beziehung zu pflegen und das Wohlbefinden aller Beteiligten zu fördern:
- Spreche nicht über, sondern mit der Person.
- Erkenne, soweit möglich, die Person als mündige und eigene Person an und berücksichtige ihr Recht auf eine eigene Meinung und Privatsphäre.
- Gib der zu pflegenden Person so viel Entscheidungsraum wie möglich und respektiere ihre Entscheidungen.
- Erkenne die alte Rolle der Person an und plane weiterhin Aktivitäten (z.B. Datenights oder romantische Gesten als Paar)
Mentale Herausforderungen & Lösungen
Die Pflege von Angehörigen wirkt sich nicht nur auf die Beziehungen in deinem Leben aus, sondern hat natürlich direkte Auswirkungen auf dein (mentales) Wohlbefinden.
Bevor wir auf die potentiellen Lösungen eingehen, wollen wir uns erst auf die Herausforderungen konzentrieren, damit du weißt, auf welche Symptome der Überlastung du bei dir achten kannst:
- Gefühl der Überforderung und Aussichtslosigkeit
- Gereiztheit
- Gefühl der Erschöpfung durch ständiges „Funktionieren-Müssen”
- Rücken- sowie Nacken- und Gelenksschmerzen
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Magenverstimmungen
- Schwindel
- Schlafprobleme
Allerdings wollen wir die positiven Gefühle nicht außer Acht lassen. Viele pflegende Angehörige verspüren das Gefühl des Gebrauchtwerdens und haben das Gefühl, dass sie dem geliebten Menschen auf diese Weise etwas zurückgeben können.
Die Mehrfachbelastung sollte aber trotzdem nicht vergessen werden. Sorge als pflegende*r Angehörige*r für Momente der Entlastung, denke darüber nach, wie du dir Unterstützung aus der Familie oder von sozialen Diensten holen kannst und nimm dir jeden Tag etwas Zeit für dich selbst (auch wenn es nicht viel ist).
Stelle dir dabei folgende Fragen:
- Welche Angebote gibt es, die ich noch nicht in Anspruch genommen habe und die mich entlasten könnten? (z.B. Essen auf Rädern, Pflegekarenz, Pflegeteilzeit, mobile Heimhilfe, Reinigungsdienste, etc.)
- Welche Rituale, die mir immer gut getan haben, habe ich vernachlässigt und wie kann ich sie wieder in mein Leben integrieren?
- Spreche ich regelmäßig über meine eigene Situation und mit wem?
- Kann ich mit meinen Vorgesetzten offen darüber sprechen und eventuell mehr zeitliche Flexibilität einfordern?
Denk daran: Es ist in Ordnung, sich Unterstützung zu holen und Hilfe anzunehmen. Du musst nicht alles alleine managen. Um für andere da zu sein, musst du dich zuerst gut um dich selbst kümmern.